Closing the Loop – Wie das Schließen von Materialkreisläufen im Bauwesen aussehen kann, wird derzeit an der FH Salzburg erforscht. Mit schonendem Rückbau und Re- bzw. Upcycling statt Abriss und Deponierung kann die Branche ressourcenleichter werden. Holztechnologie & Holzbau Masterstudent Helmut Radauer untersucht im Projekt CICO die Verwertungsmöglichkeiten von alten Baumaterialien in innovativen und umweltfreundlichen Werkstoffen.
Schaut man von oben auf eine Stadt wie Salzburg, so sieht man ein beeindruckendes architektonisches Erbe und weltberühmte Dachlandschaften – aber auch einen lebenden Organismus, der stetem Wandel unterzogen ist. Gebäude werden kontinuierlich umgebaut, erweitert oder zurückgebaut und die damit verbundenen Materialströme könnten künftig im Sinne der Kreislaufwirtschaft wichtige Quellen für Sekundärrohstoffe sein. Die Stadt als „urbane Mine“ beinhaltet große Mengen mineralischer, metallischer und biogener Stoffe, die nicht nur in Sachen CO2-Bilanz, Transportwegen und Energieaufwand gegenüber „frischen“ Materialien punkten, sondern auch der Ressourcenverknappung entgegenwirken und den Nutzungsdruck auf die Natur reduzieren können. Um diese Materialien nun wieder in einen Nutzungskreislauf zu integrieren, müssen nicht nur unsere Wertschöpfungsketten angepasst, sondern auch viele offene Fragen beantwortet werden.
Das Forschungsprojekt CICO – Circular Concrete an der FH Salzburg beschäftigt sich mit diesen Fragen und untersucht unter anderem, wie wir Baustoffe heutzutage schon so produzieren, dass sie in Zukunft einmal wiederverwertet werden können. Masterstudent und wissenschaftlicher Mitarbeiter Helmut Radauer erforscht gemeinsam mit dem Salzburger Unternehmen Isospan das Recyclingpotenzial von Abbruchmaterial. Isospan stellt mineralisch gebundene Mantelsteine aus Holzspänen her („Holzbeton“), die dank geringem Energieaufwand in der Herstellung und dem CO2-Speichereffekt des Holzes eine ökologische Bauweise ermöglichen – und theoretisch auch wieder in die Produktion neuer Steine eingespeist werden können. Um zu erforschen, wie hoch der Anteil des Altmaterials an der Herstellung neuer Steine sein kann, stellt Helmut Prüfkörper her, die zu 50 bis 75 Prozent alte und zerkleinerte Holzspansteine beinhalten. Gemeinsam mit Johannes Jorda, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Campus Kuchl, untersucht er diese in den Laboren am Standort auf ihre mechanischen und physikalischen Eigenschaften, allen voran ihre Festigkeit. „Die Idee ist, dass am Ende der Nutzungsdauer eines Gebäudes, nach 50 Jahren oder mehr, die alten Mantelsteine abgefräst werden und dieses Material mit Zement zu neuen Steinen verarbeitet wird. Wir wollen nun in diesen Vorversuchen herausfinden, wie sich diese ‚Recyclingsteine‘ aus Holzbeton verhalten, sodass man das Verfahren auf einen industriellen Maßstab skalieren kann“, so Helmut.
Auch alternative Klebstoffe auf biogener Basis zur Fixierung der Holzbetonsteine während der Bauphase werden im Zuge des Forschungsprojektes erprobt. Der Rindenextraktstoff Tannin, der am Campus Kuchl schon seit längerem im Fokus der Forschung steht, stellt eine vielversprechende Alternative zu gängigen Polyurethanklebstoffen dar, die durch die darin enthaltenen Isocyanate im Verdacht stehen, Krebs zu erregen. Thomas Sepperer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department Green Engineering and Circular Design, betreut Bachelor- und Masterstudierende, die die Potenziale des biobasierten Klebers erforschen. „Tannin lässt sich für diesen Einsatzzweck im Bau gut verarbeiten und zeigt vielversprechende Eigenschaften verglichen mit erdölbasierten Klebstoffen. Es wäre ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Baugesundheit und einer Bauwirtschaft, die ohne fossile Stoffe auskommt“, so Sepperer.
Am Department Green Engineering und Circular Design ist das Projekt CICO bisher anhand verschiedener Fragestellungen bearbeitet worden. Dazu gehören die Entwicklung mobiler Messmethoden für die Bestimmung der Festigkeitswerte von zurückgewonnenem Altholz , die Herstellung von massiven Holzbauelementen aus Altholz, oder die Frage, wie aus den Sekundärstoffen ein zeitgemäßer Homeoffice-Arbeitsplatz aussehen könnte. In einem weiteren Schritt werden Studierende von Holztechnologie & Holzbau das Potenzial der Wiederaufbereitung und -verwendung von Möbeln erforschen, die direkt aus den Bestandsgebäuden stammen.
Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt CICO – Circular Concrete ist eine Forschungskooperation von Salzburg Wohnbau, der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (BVFS), der Paris Lodron Universität Salzburg, Deisl-Beton, Steiner Bau und der Fachhochschule Salzburg. Es erforscht die Möglichkeiten der Wiederverwertung von Baustoffen an konkreten Beispielen aus dem Baugewerbe.