In einer Welt mit endlichen Ressourcen ist Effizienz das Gebot der Stunde: Wenn wir Stoffe höherwertig zu nutzen, die bisher nur als Abfall galten, können wir nicht nur Primärrohstoffe einsparen, sondern auch neue ästhetische Möglichkeiten schaffen. Die Holzforschung aus Kuchl hilft dabei, indem sie den in der Holzbranche bisher wenig geliebten Bläuepilzbefall beim Nutzholz in einen neuen Kontext setzt.
Ein frisch geschlagener Baumstamm hat es nicht leicht: an den Schnittenden liegt sein noch feuchtes und nährstoffreiches Splintholz frei und bietet damit eine perfekte Lebensgrundlage für Bläuepilze. Deren Sporen siedeln sich auf der Holzoberfläche an und der Pilz beginnt sofort damit die im Holz enthaltenen Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße abzubauen. Seine Gewebefäden, die Hyphen, breiten sich in den Freiräumen der Holzzellen aus und verursachen eine blaue Verfärbung. Die Zellwandstruktur aus Lignin und Zellulose, die dem Holz seine Stabilität verleiht, lässt der Pilz aber unberührt und auch das pilzresistentere Kernholz bleibt in der Regel verschont. Deshalb ist der Befall mit Bläuepilz lediglich ein rein optisches Merkmal und wirkt sich nicht negativ auf die Festigkeit des Holzes aus. Störend ist das Ganze aber dennoch: Ein mit Bläuepilz befallener Stamm büßt unmittelbar stark an Wert ein. In Österreich liegt der Wertverlust bei Schnittholz durch den Bläuepilz zwischen 25 und 30 Prozent.
Gezielte Bebläuung durch den Pilz
Auch wenn das mit Pilz befallene Holz immerhin noch dort eingesetzt wird, wo die Färbung nicht zu sehen ist, wie in der Mittellage von Brettsperrholzelementen, gilt es in der öffentlichen Wahrnehmung dennoch als minderwertig. In einem Forschungsprojekt der FH Salzburg geht es nun darum, den Bläuepilz als natürliche Farbgebungsmethode in Szene zu setzen. Der Gedanke, dass von Pilz oder anderen Schädlingen befallenes Holz gerade dadurch auch eine Wertsteigerung erfahren kann, ist nicht neu: Seit jeher gelten verfärbte Hölzer als wahre Edelstücke im Handwerk aus denen zum Beispiel besonders hochwertige Schäfte gedrechselt, oder die bei aufwendigen Intarsienarbeiten eingesetzt werden.
In dem Forschungsprojekt soll es aber vor allem auch um die künstliche Erzeugung des Pilzbefalls gehen. So sollen der Grad der Verfärbung sowie die Farbintensität gesteuert und auch im industriellen Maßstab gezielt reproduziert werden können. Dadurch wäre es möglich, ganz ohne synthetische und erdölbasierte Farben oder Lacke, dem Holz eine charakteristische Oberflächenbehandlung zu geben. Lukas Sommerauer, Projektmitarbeiter und Junior Researcher am Campus Kuchl, beimpft dafür Holzproben mit Bläuepilzen und dokumentiert deren Wachstum und Farbeigenschaften. Zwar sind mit dem Einsatz des Pilzes Herausforderungen verbunden, denn er reagiert wesentlich stärker auf seine Umgebungsbedingungen wie Feuchte und Temperatur, dennoch sind die ersten Versuche erfolgsversprechend. In kleiner Serie und Designprojekten ist der Einsatz gelungen, an der Skalierbarkeit für die Industrie wird derzeit noch geforscht. Eine Herausforderung dabei stellt auch die noch recht unbekannte Pilzwelt dar: Allein für den Bläuebefall auf verschiedenen einheimischen Hölzern sind rund 100 Pilzarten verantwortlich, deren Zusammenhänge und Wirkmechanismen wir bisher noch wenig kennen.
Gerade aber aufgrund der Vielfalt an Pilzen und ihrer Fähigkeit zum Abbau von ligno-cellulosehaltiger Biomasse wie zum Beispiel Holz, bergen sie ein riesiges Potential für die Zukunft. In der Biotechnologie werden sie schon lange als Zellfabriken für die Herstellung von Antibiotika, Vitaminen oder Enzymen eingesetzt. Mit diesem Projekt beweist sich ihre Fähigkeit zur Herstellung von färbenden Pigmenten - wenn nun der Pilzbefall statt als Makel als farbgebendes Merkmal interpretiert wird, erweitert sich die Palette der verwendbaren Naturmaterialien für Innenarchitektur und Design.
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