Brustkrebsfrüherkennung ist auch ein Thema für Hebammen, denn gerade in der Phase der Schwangerschaft, der Postpartal- und Stillzeit sind sie zentrale Betreuungspersonen. Wie sie mit ihren originären Kompetenzen und Tätigkeiten beitragen können, schlüsselt Susanne Winkler, Lecturer am Studiengang Hebammen, in ihrem Artikel in der Deutschen Hebammen Zeitschrift auf. Unter dem Titel „Erkennen, informieren, weiterleiten“ legt sie grundlegende Präventionsrahmenbedingungen dar, sowie welche Ressourcen und Aufgaben Hebammen im Rahmen der Früherkennung übernehmen können.
Jährlich treten in Österreich knapp über 5.600 und in Deutschland rund 70.000 Brustkrebsneuerkrankungen auf und das Mammakarzinom macht damit neben malignen Hautveränderungen rund 30% der Krebserkrankungen bei Fraue aus. Größter Risikofaktor ist das Alter. Frauen über 50 bzw. 60 Jahren sind am häufigsten betroffen, nur 1 von 10 betroffenen Frauen unter 45 Jahren alt. Viele Verfahren der Screeninguntersuchungen, z. B. das systematische Mammographiescreening sind daher risikoadaptiert der Altersgruppe ab 50 Jahren vorbehalten, um Überdiagnostik wie falsch positiv Befunde zu vermeiden. Für jüngere Altersgruppen sind reduzierte Maßnahmen vorgesehen, welche die Anamnese nach familiären Risikofaktoren, die Information über Selbstabtastung oder die klinische Brustuntersuchung umfasst.
Problematisch werden die Screeninguntersuchungen bei der Gruppe der jüngeren Frauen allerdings in einer sehr speziellen Phase: Das Risiko im Rahmen der Schwangerschaft und dem ersten Postpartalen Jahr die Diagnose Mammakarzinom zu erhalten, liegt bei 1:3000 und ist damit im Altersgruppenvergleich zwar nicht erhöht; die Durchführung der Früherkennungsmethoden jedoch deutlich erschwert. Die physiologischen Anpassungen wie Wachstum, Veränderung der Struktur des Brustgewebes machen eine gezielte Brustabtastung nach malignen Befunden nahezu unmöglich. Des Weiteren ähneln oder maskieren typische Komplikationen der Stillzeit den Symptomen verschiedener Brustkrebszeichen. Insgesamt führt dies zu einem statistisch späteren Zeitpunkt der Diagnosestellung bei Frauen in dieser Lebensphase. Dies ist insofern kritisch, da ein möglichst früher Diagnosezeitpunkt zu den elementarsten Faktoren zählt, die den Therapieerfolg beeinflussen.
Umso wichtiger, dass alle für die Frauen- und Schwangerschaftsgesundheit verantwortlichen Professionen ihre Ressourcen zur Brustkrebsfrüherkennung optimal nutzen. Für Phase der Schwangerschaft, der Postpartal- und Stillzeit sind hier insbesondere Hebammen zentrale Betreuungspersonen. Susanne Winkler erläutert in ihrem Bericht, welche Kenntnisse zu anamnestischen Risikofaktoren und Symptomen der Erkrankung Hebammen haben sollten, aber auch welche praktischen Hilfsmittel wie Informations-Apps und welche Kontaktstellen betroffene Frauen und betreuende Hebammen nutzen können.
Motiviert zu dem Thema hat Susanne Winkler ein Fall aus ihrem engsten Freundinnenkreis. Es zeigte ihr deutlich: „Indem an den richtigen Stellen vertieft nachgefragt [und hingesehen] wird, können Hebammen maßgeblich zur Aufdeckung von Risikokonstellationen und zur Frühentdeckung beitragen.“