Jan Köster war ein eher ungewöhnlicher Student: Der Forstingenieur zog mit seiner Familie für ein ganzes Jahr von Temuco nach Salzburg, um am Campus Kuchl sein Wissen in der Holzverarbeitung zu vertiefen. Zwei Semester lang nahm er als außerordentlicher Gasthörer an Vorlesungen teil, knüpfte Kontakte und besuchte Unternehmen im deutschsprachigen Raum, um mit dem neuen Wissen die Laubholzindustrie in seinem Heimatland aufzubauen.
Jan Köster stammt aus Temuco, einer Stadt im Zentrum Chiles, und hat an unserer Partnerhochschule Universidad Austral de Chile in Valdivia Forstwirtschaft studiert. In den vergangenen 15 Jahren hat er im Wald gearbeitet und verschiedene Forstbetriebe geleitet, die sich vor allem auf Laubholz spezialisiert haben. Allerdings ist diese Wertschöpfungskette in seiner Heimat noch schwach ausgeprägt, was Jan dazu bewogen hat, selbst aktiv zu werden. „Ich habe mir gewünscht, dass wir heimisches Holz besser verarbeiten und neue Produkte daraus herstellen. Also fing ich an zu experimentieren, habe gesägt, getrocknet und gehobelt. Auch eine NGO habe ich zu diesem Zweck ins Leben gerufen“, so Jan.
Es kam der Zeitpunkt, an dem er mit seinem Wissen nicht mehr weiterkam und sich dort informieren wollte, wo die Holzverarbeitung besser ausgeprägt ist. Nach Gesprächen mit Bekannten in der chilenischen Holzwirtschaft war ihm schnell klar, dass er nach Österreich will. Er beschloss gemeinsam mit seiner Frau und den drei Kindern für ein Jahr nach Salzburg zu gehen, um an der FH Salzburg Kurse im Studiengang Holztechnologie & Holzbau am Campus Kuchl zu besuchen und wichtige Anlagenbauer und holzverarbeitende Betriebe zu besichtigen. Wieso es ausgerechnet Salzburg wurde? „Der Holzstandort Kuchl mit seiner zentralen Lage überzeugte mich“, erzählt Jan, „sowie die Verbindungen zu wichtigen Unternehmen. Und nach einem sehr herzlichen Gespräch mit Senior Lecturer Hermann Huber hatte ich ein gutes Gefühl.“
Lebenslanges Lernen
Als Gasthörer in der Vorlesung zu sitzen war für Jan in jeder Hinsicht eine bereichernde Erfahrung. Besonders die Kurse von Marius Barbu, Fachbereichsleiter Holztechnologie, waren wertvoll für ihn, denn dort vertiefte er sich in anwendungsbezogenem Wissen zur industriellen Holzverarbeitung. „Ich habe vorher schon zwei Studiengänge abgeschlossen, aber ich war noch nie so ein interessierter Vorlesungsteilnehmer wie in diesem Semester in Kuchl. Ich konnte mir die Kurse frei aussuchen und meinen eigenen Fragestellungen auf den Grund gehen. Genau das habe ich mir gewünscht.“
Für sein Vorhaben in Chile benötigt Jan Spezialwissen. Denn die Laubhölzer, die er verarbeiten will, entstammen vorrangig der Gattung der Scheinbuchen (Nothofagacea), die auf der Südhalbkugel beheimatet sind. Wegen ihrer äußerlichen Ähnlichkeit zu europäischen Buchenarten wurde diese Gattung von den spanischen Entdeckern ebenfalls als Buche benannt, das eher grünlich-rote Holz unterscheidet sich aber in seinen Eigenschaften und der Verarbeitung. Innerhalb seines Auslandsjahres hatte Jan sich deshalb das Ziel gesetzt, möglichst viele Unternehmen der Branche kennenzulernen, sich zu vernetzen und in Sachen Laubholzverarbeitung auszutauschen. Die Nähe zu wichtigen Maschinenherstellern und Anlagenbauern in Oberösterreich, Süddeutschland, aber auch Norditalien hat er genutzt. Besonders im Sommersemester, als er oft den Vorlesungssaal gegen den Firmenbesuch eingetauscht hat.
Abschied und Vorfreude
Die zwei Semester sind nun vorbei und der Abschied fällt Jan nicht ganz leicht. Schließlich hat er die Möglichkeit genossen, seinem Wissensdrang uneingeschränkt nachgehen zu können, in einer Region, die für ihre Holzverarbeitung weltweit bekannt ist. Aber auch die Lebensqualität im Salzburger Land mit den Freizeitmöglichkeiten, allen voran dem Bergsport, hat er geschätzt. Gleichzeitig ist er nun voller Vorfreude und Schaffensdrang für die Aufgaben, die in Chile vor ihm liegen. Ab September wird er damit starten. „Ich freue mich darauf, das neue Wissen anwenden zu können. Ich möchte Schritt für Schritt ein Sägewerk und die dazugehörige Weiterverarbeitung aufbauen, um so in der Zukunft hochwertigere Holzprodukte herzustellen, wie Fußböden, Massivholzplatten oder auch Fensterkanteln.“ Sobald es möglich ist, will er auch Kuchler HTB-Studierenden die Möglichkeit eines Praktikums geben, um die Verbindung nach Österreich aufrechtzuerhalten.
Eine spannende Herausforderung – wir wünschen ihm dabei alles Gute!