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08. November 2023

Eröffnung der Karl Polanyi Wanderausstellung - Von der entfesselten zur solidarischen Wirtschaft

Am 7. November wurde die Wanderausstellung zum Leben und Wirken des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlers Karl Polanyi an der FH Salzburg eröffnet. Die Veranstaltung lockte zahlreiche Studierende der Departments Business & Tourism sowie Angewandte Sozialwissenschaften an, die sich bei der Eröffnung und dem anschließenden Kamingespräch „The Great Transformation – was uns der Jahrhundertdenker Polanyis heute zu sagen hätte“ aktiv mit dem vielschichten Werk Karl Polanyis auseinandersetzten.

Die Wanderausstellung, die in Kooperation mit zahlreichen Universitäten und Bildungszentren entstanden ist, zeigt detailliert Polanyis Leben und Schaffen sowie seine Relevanz für die Analyse aktueller wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen . Auf 16 Roll-ups werden Kapitel über seine Familie und Wegbegleiter*innen bis hin zur Großen Transformation und die Freiheit in einer komplexen Gesellschaft dargestellt.

Brigitte Aulenbacher, Leiterin der Abteilung Gesellschaftstheorie und Sozialanalysen am Institut für Soziologie der JKU Linz und Vizepräsidentin der internationalen Karl Polanyi-Gesellschaft, gewährte den Studierenden und Besucher*innen nach der Ausstellungseröffnung in einem Kamingespräch spannende Einblicke in das Leben und Wirken Karl Polanyis.

Martin Lu Kolbinger, Studiengangsleiter Soziale Arbeit und Soziale Innovation, betonte die große Relevanz Karl Polanyis Ideen in Zeiten von Globalisierung und wirtschaftlicher Unsicherheit:

„In Zeiten der durch Klimawandel, Finanzkrise und Teuerung notwendigen Transformation der Gesellschaft kommt Polanyi und seinen historischen Analysen vergangener gesellschaftlicher Transformationen eine besondere Bedeutung zu: Wenn wir den sozialen Wandel in Richtung Gemeinwohl und gelingende Lebensführung steuern möchten, dann sind wir gut beraten wirtschaftlichen Erfolg und Gemeinwohl nicht als Gegensätze, sondern als sich gegenseitig bedingende Faktoren zu betrachten.“

Die Ausstellung ist in den kommenden Wochen im 1. Stock am Campus Urstein zugänglich. Wir bedanken uns herzlich bei der Arbeiterkammer Salzburg für die Initiative!

Die Ausstellung, die insgesamt 16 Roll-ups beinhaltet, gibt Einblicke in das Leben Karl Polanyis

Über Karl Polanyi

Der in Österreich geborene Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Karl Polanyi (1886-1964) gilt als Jahrhundertdenker. In seinem bedeutenden Werk „The Great Transformation“ beschrieb er den tiefgreifenden Wandel der Gesellschaft hin zu einer Marktgesellschaft, in der auch Arbeit, Boden und Geld zu Waren wurden. Getrieben wurde diese Transformation von der Idee, dass individuelles Streben nach Gewinn und ein selbst regulierender Markt der ausschließliche Lenker des Schicksals der Menschen und der natürlichen Umwelt sind. Das führe aber zu Gegenbewegungen, mit der Menschen sich vor sozialer Desintegration und dem Verlust humaner Werte zu schützen versuchen. Faschismus und Sozialismus sah Polanyi als Gegenbewegungen zum Schutz vor Marktfundamentalismus.

Polanyi war ein Grenzgänger zwischen Journalismus, Bildungsarbeit und Wissenschaft, er wendete sich scharf gegen Dogmatismus und Vereinfachung. Die Kritik an der Selbststeuerungskraft des Marktes dürfe nicht zu einer Ablehnung von Märkten an sich führen. Die Kritik am exzessiven Individualismus liberalen Denkens darf nicht vergessen, wie bedeutsam das Recht auf Nonkonformismus und der Schutz von Minderheiten ist.

In der aktuellen Zeit, geprägt von komplexen sozialen Dynamiken, dem Kampf um die Neuordnung der Gesellschaft und den Herausforderungen technologischer Entwicklungen, kann die Auseinandersetzung mit Polanyis Werk dazu beitragen, ökonomisches Denken in größere gesellschaftliche und ökologische Zusammenhänge einzubetten und die Wirtschaft nicht ausschließlich an den Interessen weniger auszurichten.

v.l.n.r.: Brigitte Aulenbacher (Vizepräsidentin der internationalen Karl Polanyi-Gesellschaft), Hermann Rauchenschwandtner (Fachbereichsleiter Corporate Management & Economics), Martina Sageder (Departmentleiterin Business & Tourism), Dominik Engel (Rektor und Geschäftsführer der FH Salzburg)