Beim „GMAR Robotics TALK Salzburg“ stellten Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung aktuelle Trends und Entwicklungen aus dem Bereich Robotik vor: von neuen Wegen in der Transporttechnik und Logistik über den gezielten Einsatz im Handel bis hin zu Digitalen Zwillingen für intelligente Robotik-Systeme und neuen Optimierungsverfahren der Fertigung und Produktion durch Künstliche Intelligenz.
Am Puls der Zeit –State of the Art Künstliche Intelligenz und Robotik in Salzburg
Der Studiengang Informationstechnik & System-Management beschäftigt sich seit Jahren in Lehre und Forschung gezielt mit neuen Entwicklungen im Bereich der Robotik. „Im Fachbereich Industrielle Systeme & Robotik schlagen wir eine Brücke zwischen industriellen Systemen und Informatik. Wir verknüpfen insbesondere Industrieautomatisierung, Robotik, und Regelungstechnik mit eingebetteten Systemen, Echtzeitsystemen, Security, Algorithmentheorie und Künstlicher Intelligenz“, erklärt Fachbereichsleiter Simon Hoher beim kürzlich stattgefunden GMAR Robotics TALK Salzburg. Gemeinsam mit Alexander Numrich von GMAR, der Gesellschaft für Mess-, Automatisierungs- und Robotertechnik, lud der Fachbereich (rund um Simon Hoher, Stefan Huber und Simon Kranzer) zum Austausch- und Transferevent für Industrie und Forschung ein.
Der GMAR Robotics TALK, mit rund 70 Teilnehmenden aus nahezu ganz Österreich, bekräftigte, dass Schlüsseltechnologien in der Robotik und Künstlichen Intelligenz als Basis für die Produktion der Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen. „Sie ermöglichen in Echtzeit optimierte, hocheffiziente Produktionsprozesse und eine effiziente Nutzung von Ressourcen. Sie können zu einer Steigerung der Nachhaltigkeit beitragen und ausgewiesene ökologische, aber auch technische, ökonomische und gesellschaftliche Effekte erzielen“, wie Alexander Pogány vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) betont. Die zunehmende Bedeutung dieses Bereichs spiegelt sich u.a. auch in thematischen und themenoffenen Programmen, wie der FTI-Initiative „Produktion der Zukunft“ sowie im Arbeitsprogrammes des Cluster 4 (Digital, Industry, Space) des EU-Forschungsprogramms Horizon Europe wider.
Best-Practice-Beispiele in Logistik
Die Produktionsprozesse werden immer komplexer und vernetzter, zusätzlich sind die an sie gestellten Anforderungen im ständigen Wandel – mit dem einhergehend auch die Transportsysteme. Das flexible Track-System ACOPOStrak von B&R beschreitet durch physische Flexibilität – über eine individuell anpassungsfähige Layoutgestaltung – und intelligente Digitalisierung – über ein ausgereiftes Softwarekonzept – hier neue Wege. „Produkte und Produktbestandteile werden auf einzelnen Shuttles schnell und flexibel durch Maschinen oder Anlagen von Bearbeitungsstation zu Bearbeitungsstation transportiert. Die einzigartige Systemkonzeption von ACOPOStrak ermöglicht entscheidende Technologievorteile zur Flexibilisierung und Digitalisierung der Fertigung. So können kleine Losgrößen wirtschaftlich gefertigt und von den höheren Margen individualisierter Produkte profitiert werden”, zeigt Johannes Vitzthum, B&R Industrial Automation GmbH, in seinem Vortrag auf.
Als zweites Best-Practice-Beispiel stellte Nicolas Thorstensen von der D-ARIA GmbH die Lagerinventarisierung und die damit verbundene Datenakquisition mittels Drohnen vor, die als fliegende Sensoren mit integrierter Datenanalytik realisiert wurden. Dabei stachen vor allem zwei Herausforderungen in der Entwicklung heraus: die kamerabasierte Indoor-Navigation und die Stückguterkennung mittels KI-Methoden. Durch passende Algorithmen zur Datenextraktion und die Zusammenführung der extrahierten Daten in einem Digitalen Zwilling kann nun die Lagerinventarisierung für beliebige Lager erleichtert und beschleunigt werden.
Best-Practice-Beispiele für Digitale Zwillinge für „intelligente“ Robotik-Systeme
Eine Kernmethodik zur Entwicklung und Überprüfung von Lösungsansätzen bzw. Methoden für Aufgabenstellungen aus der Robotik (Pfadplanung, SLAM, Objekterkennung, etc.) ist die Verwendung von „Digitalen Zwillingen“, also virtuelle Abbilder von Produktionsanlagen, Prozessen oder Robotern. Bei der Andata Entwicklungstechnologie GmbH findet der Einsatz solcher „Digitaler Zwillinge“ Anwendung sowohl in der mobilen Robotik als auch bei Anwendungen von Industrie-Robotern. Karin Glader und Niklas Stalanich schilderten zwei Best-Practice-Beispiele. Durch die Umsetzung und Adaption mittels Digitalen Zwilling konnten sie das vollautomatisierte Putzen und Entgraten von Gussteilen und ein frei navigierendes, fahrerloses Transportsysteme (FTS) erfolgreich und effizient entwickeln.
Robotik und Automatisierung im stationären Handel
Robotik und Automatisierung spielen im Handel eine immer bedeutendere Rolle, um den stationären Handel gegen eCommerce zu stärken. Wesentlich dabei ist, dass der Technologieansatz sich dem Menschen anpassen soll und nicht umgekehrt. Aktuell beschäftigt sich das Kooperationsprojekt „Retailization 4.0.“ der beiden Studiengänge Betriebswirtschaft und Informationstechnik & System-Management der FH Salzburg damit, etablierte Konzept der Industrie 4.0 auf den stationären Handel umzulegen. Das Forschungsteam rund um Robert Zniva (Betriebswirtschat) und Simon Kranzer (Informationstechnik & System-Management) beschäftigt sich hierbei mit den drei zentralen Themen Sensorik, Servicetechnologie und Data Science im Handel. Dies umfasst u.a. die Untersuchung verschiedener Messgeräte bzw. Automaten und die entsprechende datentechnische Erfassung der Austauschprozesse. Die damit verbundene Interaktion von Kund*innen mit ihrer physischen und sozialen Umwelt steht im Vordergrund. Gleichzeitig wird untersucht, wie Handelsmitarbeiter*innen soweit technologisch unterstützt werden können, dass ihre Beratungskompetenz und generell die Dienstleistung an den Kund*innen gestärkt werden kann. Im Bereich Data Science wird erforscht, welches Potential in den durch unterschiedliche Technologien erhobenen Datenmengen zur Optimierung und Prognose von typischen Handelsmanagementaufgaben am Point-of-Sale liegt.
Das Projektteam sucht aktiv Partner*innen im Bereich Robotik für den Austausch von Anwendungsszenarien und ist der Link, um Anwendungen und Geschäftsmodelle im Handel zu entwickeln und gemeinsame Transferprojekte zu starten.
Wissenstransfer aus Forschung: Spline Approximation mittels gradientenbasierten Optimierern in TensorFlow“
Im Rahmen des Forschungsprojekts KI-Net (Interreg Bayern-Österreich) werden KI-Methoden für die Optimierung in der Fertigung und Produktion untersucht. Hannes Waclawek, Researcher am Studiengang Informationstechnik & System-Management, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Frage, wie modernen Maschine-Learning-Frameworks für das mechatronische Problem der Kurvenscheibenapproximation, nutzbar gemacht werden können. Die Approximation durch Splines höheren Grades und unterschiedlicher Stetigkeitsanforderungen hat zahlreiche Anwendungen auch jenseits der Kurvenscheibenapproximation. Eine geeignete mathematische Problemformulierung erlaubt es anwendungsspezifische Eigenschaften des Resultats zu erzeugen. Darauf aufbauend wurde das Konvergenzverhalten der vom Machine-Learning-Framework TensorFlow angebotenen gradientenbasierten Optimierer untersucht. Durch eine bestimmte Regularisierung für dieses Modell konnten sie zudem das Konvergenzverhalten deutlich verbessern. Eine Publikation hierzu wird im Februar 2022 bei der Eurocast 2022 vorgestellt.