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19. April 2022

Mit Strohhäusern in die Selbstständigkeit

In der Fabel der drei kleinen Schweinchen hat das Strohhaus gegen die starke Puste des „großen bösen Wolfs“ keine Chance und fliegt davon. Trotz einer schnell gewonnen Erkenntnis lohnt es sich manchmal, einen weiteren Blick oder Gedanken zu wagen:

Meist hören wir schon im Kindergartenalter erstmals von dieser einprägsamen Geschichte und leiten aus deren Verlauf die Schlussfolgerung ab, dass Bauen mit Stroh keine gute Idee zu sein scheint.  Auch für Christoph Lairaiter, der als gelernter Zimmermann nach seiner Lehre auf die Walz ging und dort den Strohbau zum ersten Mal kennen lernte, war der Gedanke zunächst gewöhnungsbedürftig. Als er aber selber in der Praxis mit dem Naturmaterial arbeitete und dessen Vorteile kennenlernte, war er schnell überzeugt. Beim Forum_HOLZ:IN_Kuchl stellte er rund 50 Teilnehmenden im Audimax Kuchl, sowie 50 weiteren, die online zugeschaltet waren, seine Erfahrungen aus einem Jahrzehnt der Selbstständigkeit im Strohhausbau vor.

Besonders für die jetzigen Bachelorstudierenden war sein Vortrag nicht nur lehrreich, sondern auch inspirierend

Sein persönlicher Werdegang zeigt, wo die Reise nach dem Studium hinführen kann. Christoph brachte seine Begeisterung für das Bauen mit Stroh aus der Walz in sein HTB-Studium mit und wählte es als Thema seiner Bachelorarbeit. Dabei verglich er die konventionelle Massivbauweise in Ziegel mit einem Bau, bei dem Stroh zur Wärmedämmung eingesetzt wurde. Kurz nach Beendigung der Abschlussarbeit erhielt er seinen ersten Bauauftrag für ein Haus mit Stroh und startete damit mit dem "Holzbau Laireiter" in die Selbstständigkeit.

Für den Betriebsinhaber ist wichtig, dass nicht nur Stroh als nachwachsender Baustoff zum Einsatz kommt, sondern der Neubau insgesamt ökologischen Kriterien entspricht. Ein Holzgerüst in Riegelbauweise, aber auch Brettsperrholzelemente sorgen für die tragende Struktur. Innenseitig wird ein Lehmputz aufgetragen und außenseitig mit Kalk verputzt. Besonders wegen der Mittelschicht aus Stroh ist es dabei wichtig ein Dampfgefälle herzustellen – die Wand muss innen dichter als außen sein, sodass Feuchtigkeit aus der Konstruktion schnell entweichen kann. Der Lehmputz wirkt dabei unterstützend, da er ein hohes Maß an Luftfeuchtigkeit aufnehmen kann und somit die Raumfeuchte reguliert. In der Werkstoffkombination entstehen so Gebäude, die ein hohes Maß an Wohngesundheit und Behaglichkeit erreichen. Für Christoph geht Nachhaltigkeit aber über die reine Wahl der Baustoffe hinaus: um wirklich nachhaltig zu sein, muss ein Projekt ökologische, wirtschaftliche und soziale Ansprüche auf einen gemeinsamen Nenner bringen.

Nicht nur die Liebe zum Beruf, sondern auch die bisherigen Erfahrungswerte aus der Praxis sprechen für Christoph Laireiter für eine Verwendung von Stroh und anderen natürlichen Materialien (c) FHS

Eine rege Fragerunde zum Abschluss der Veranstaltung drehte sich vor allem um technische und bauphysikalische Eigenheiten des Bauens mit Stroh. Christoph erklärte, dass, anders als erwartet, Stroh kein guter Brennstoff sei, zumindest nicht, wenn es in einem Wandelement verbaut ist. Zu vergleichen sei dies mit einem dicken Telefonbuch: auch das könne man nicht einfach so mit dem Feuerzeug entflammen. Für die Verwendung als Dämmmaterial muss es auch nicht extra gegen Insekten oder Feuchtigkeit behandelt werden, solange es schnell abtrocknen kann. Die Kosten halten sich dabei in Grenzen: mit etwa 5 Prozent Aufpreis müsse man gegenüber einem vergleichbaren Massivbau mit Ziegeln rechnen.

Abschließend fand der Ex-Kuchler motivierende Worte für die jetzige Generation der Holztechnologiestudierenden:

„Das Studium sei die beste Zeit, um sich auf der „Spielwiese des Wissens“ auszutoben und vor allem der eigenen Neugierde zu folgen. Egal wo es einen hintreibt, oder was man dabei lernt – irgendwann im Leben kommt der Zeitpunkt, an dem man dieses Wissen wieder einsetzen und nutzen kann“.