Das "Homecoming Startups" stand im Jahr 2023 ganz im Zeichen weiblicher Unternehmerinnen. Die bei-den Gründerinnen Sophie Bolzer (Audvice) und Maria Hilber (Mitgründerin Vertical-Life, NO-Q) berichteten von ihrer unternehmerischen Reise und den gemachten Erfahrungen. In der anschließenden Q&A-Session, durch die Julia Turrell von Startup Salzburg führte, diskutierten neben den Sprecherinnen auch die FH-Absolventin und velovio-Gründerin Tanja Friedrich sowie Antonella Cvrtak (Leiterin des Startup-Programms Grow F bei Female Founders) die Frage, was ein starkes Female Entrepreneurship-Ökosystem erfordert.
Die österreichische Startupszene braucht mehr "Female Entrepreneurship" – weibliche (Co-)Founder. Ein Ziel, das auch Dominik Engel, Geschäftsführer der FH Salzburg, unterstützt. In seiner Begrüßungsrede sprach er von der Dringlichkeit, neue Gründerinnen zu fördern, aber auch von der Zusammenarbeit mit Startup Salzburg, dem Netzwerk, das Sophie Bolzer, die Gründerin von Audvice, in der Gründungsphase sehr geschätzt hat.
Die vielseitige Anwendung von Sprachnachrichten
Sophie Bolzer hat 2018 mit einem Co-Founder Audvice gegründet. Das Produkt sieht heute jedoch ganz anders aus als die ursprüngliche Idee. Audvice war anfangs ein Tool für Studierende – eine App, mit der man Audiodateien aufnehmen und teilen konnte. Die Aufnahmen wurden beim Autofahren, beim Essen oder in anderen Wartezeiten abgespielt, sodass die passive Zeit produktiv zum Lernen genutzt werden konnte. Ein Problem: Studierende waren nicht die richtige Zielgruppe. Es stellte sich heraus, dass Audiodateien in Onboarding-Prozessen oder anstelle von Meetings genutzt werden konnten, um alle schnellstmöglich auf den neuesten Stand zu bringen. Die Idee fand Investor*innen und User-Cases, darunter Red Bull Basement und den ADAC.
Sophie hat eine Lektion gelernt: Finde erst heraus, was Kund*innen brauchen, bevor du viel Zeit und Geld in die Produktentwicklung steckst. In die Programmierung der App wurde viel investiert, obwohl eine PowerPoint-Präsentation und Mock-ups gereicht hätten, um den Bedarf am Markt zu erforschen.
Von der Leidenschaft zum Beruf
Maria Hilber hat 2009 ihren Bachelor in Design und Produktmanagement (DPM) an der FH Salzburg abgeschlossen. Danach schnupperte sie in die Bereiche Eventmanagement und Grafik, bis sie 2012 zusammen mit ihrem Team Vertical-Life gründete. Anfangs war es ein Verlag, sie erstellten einen Klettersteig-Führer und ließen ihn palettenweise drucken. Doch dabei blieb es nicht.
Mit dem Zlagboard digitalisierte Vertical-Life das Klettersporttraining. Weitere digitale Lösungen für Kletterhallen und das persönliche Training folgten. Die Ideen nahmen kein Ende.
Während der Pandemie entwickelte das Team eine weitere digitale Lösung, die speziell auf Apotheken ausgerichtet ist. No-Q unterstützt Apotheken bei der Terminbuchung und Digitalisierung. Zunächst für Corona-Tests konzipiert, wurden auch schnell weitere Anwendungsmöglichkeiten gefunden. So entwickelte sich das Unternehmen zum Marktführer für Covid-Testsoftware in Deutschland.
Highlights aus der Paneldiskussion "Was braucht es für ein starkes Female Entrepreneurship-Ökosystem?"
Zum letzten Höhepunkt des Homecoming Startups saßen Julia Turrell (Innovation Salzburg), Maria Hilber (Vertical-Life und No-Q), Antonella Cvrtak (Female Founders) und Tanja Friedrich (Velovio) für die Paneldiskussion auf der Bühne.
Julia ist bei Innovation Salzburg für Female Entrepreneurship zuständig. "Startups mit Frauen peformen besser, Gründen nachhaltiger und fokussieren sich stärker auf Globale und Gesellschaftliche Lösungen", stellte sie heraus. Dennoch verlaufen Verhandlungsgespräche mit Partner*innen und Investor*innen heute nicht immer reibungslos.
Antonella unterstützt Gründerinnen bei der Investor*innensuche. "Es kommt vor, dass Investoren bei einem rein weiblichen Team einen männlichen Gründer voraussetzen." Was macht man als Gründerin in so einem Fall? "Einen Investor ins Boot zu holen ist wie eine Hochzeit. Die Beziehung ist langfristig und sollte auch zwischenmenschlich gut funktionieren. Investor*innen binden sich nicht an Startups, nur weil sie gut pitchen, sondern auch weil sie mit den Gründer*innen gut zurechtkommen", berichtet Antonella. "Es gibt viele Investor*innen, und es sind viele Pitches notwendig, bis man die geeignete Verbindung findet."
Tanja hat einen Tipp auf Lager: "Ich arbeite in der Metallbranche, wo es wenige weibliche Kolleginnen gibt. Natürlich werden auch Witze gemacht, aber die darf man einfach nicht zu ernst nehmen. Da kann man ruhig mitlachen. Wenn ich mit einem Lieferanten rede, der schon jahrelange Erfahrung in der Branche hat, dann nehme ich jemanden mit ähnlicher Erfahrung ins Gespräch mit. Nicht, weil der Lieferant ein Mann ist, sondern wegen der Erfahrung." Auch Maria schickt immer 2 Personen - einen Kollegen und eine Kollegin - in Gesprächen mit Partner*innen. "Das Gespräch verläuft erfahrungsgemäß harmonischer", meinte sie.
Maria erzählt von ihrer Sicht als Arbeitgeberin: "Von Anfang an haben Männer und Frauen bei uns gleich viel verdient. Auch in Bewerbungsgesprächen achten wir auf die Leistungen und nicht auf das Geschlecht." Davon haben die Unternehmen schon sehr profitiert.
Netzwerke wie Female Founders und Startup Salzburg dienen Gründerinnen als Sparringpartner. In Einzelcoachings werden Fragen vieler Gründerinnen behandelt. Teams werden auf Pitches vorbereitet. Auch erfahren Gründerinnen durch die Netzwerke von Programmen, die sich besonders an weibliche Entrepreneurs richten. Tanja als Solo-Founder ist dankbar für das Netzwerk. Auch Antonella konnte als Leiterin des Startup-Programms Grow F schon viele Gründerinnen unterstützen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Jetzt ist die Zeit für Female Entrepreneurs, ihre Ideen umzusetzen. Denn es gibt bereits umfangreiche Netzwerke, und in naher Zukunft werden weitere Programme entstehen, die weibliche Gründerinnen auf ihrem Weg ins Unternehmertum unterstützen.
Beim Get-together konnten weitere Ideen besprochen, Fragen vertieft und Kontakte geknüpft werden.
Female Empowerment bei Startup Salzburg
Im Rahmen der AplusB Southwest-Zusammenschlusses möchte das FHStartup Center als Teil von Startup Salzburg Female Entrepreneurship in der Region und im Ökosystem sichtbar machen, nachhaltig verankern und forcieren. Bei der Unterstützung (angehender) wachstumsorientierte Startups stellt das Programm Angebote und Förderungen zur Verfügung, vernetzt Teilnehmer*innen mit relevanten Playern der Startup-Szene und bieten die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen.
Das FHStartup Center & die Initiative Startup Salzburg
Von einer ersten Idee bis zur Firmengründung: seit 2016 werden Studierende, Alumni und Forschende mit Gründungsinteresse an der FH Salzburg exklusiv vom FHStartup Center im Rahmen der Initiative Startup Salzburg unterstützt. Die Rolle des FHStartup Centers dabei: Botschafter für Unternehmergeist, Sparringpartner für Neu-Gründer*innen, Brückenbauer und Netzwerkpartner.