Am 13. November drehte sich am Campus Kuchl alles um das Thema Landwirtschaft. Eingangs beleuchtete der Film „Der Bauer und der Bobo“ die Lebenswelt des steirischen Landwirten Christian Bachler. Dieser war gemeinsam mit Niki Rettenbacher vom Fürstenhof Kuchl zu Gast in der anschließenden Podiumsdiskussion, welche die schwierige Lage von Bäuerinnen und Bauern in der heutigen Zeit verdeutlichte.
Die Landwirtschaft steckt in der Krise. Mangelnde Wertschätzung und Bewusstsein bei Verbraucherinnen und Verbrauchern für Lebensmittel, gestiegene Kosten, überbordende Bürokratie und absurde politische Vorgaben sind nur einige der Herausforderungen, mit denen Landwirtinnen und Landwirte heutzutage umgehen müssen. Hinzu kommt der Klimawandel, der mit Starkregenereignissen, längeren Dürreperioden oder einer schwindenden Biodiversität existenzbedrohend für Höfe werden kann, oder bereits ist. Welche Schwierigkeiten, aber auch Chancen darin liegen, neue Wege der Landwirtschaft zu gehen war Thema der Veranstaltung „Ausnahmezustand als Regelfall – Antworten der Land- und Forstwirtschaft auf Klimawandel und neue Realität“ mit rund 100 Teilnehmenden am Campus Kuchl. Organisiert wurde der Abend von Josefine Herz, Absolventin von Design & Produktmanagement, sowie Dominik Walcher und Günter Berger, beide Professoren am Department Green Engineering & Circular Design. Dank Josefine Herz, mittlerweile Referentin für klimaresiliente Landwirtschaft an der Akademie für ökologische Land- und Ernährungswirtschaft Schloss Kirchberg, konnte Hauptdarsteller Christian Bachler als Gast der Podiumsdiskussion gewonnen werden. Ebenfalls dabei war Niki Rettenbacher, der sich mit seiner Bio-Käserei Fürstenhof in Kuchl ganz dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben hat.
Bobo aus der Stadt trifft auf Bauer vom Land
Vizerektor Günter Grall eröffnete die Veranstaltung mit Grußworten, bevor die Dokumentation von Kurt Langbein, 'Der Bauer und der Bobo,' gezeigt wurde. Der Film erzählt die Geschichte des Wiener Journalisten Christian Klenk, und dem Bergbauern Christian Bachler, die mit einer öffentlichen Auseinandersetzung über die Verantwortung von Landwirten für ihr Vieh begann, aber in Freundschaft endete. Bachler bewirtschaftet auf der Südseite der Niederen Tauern auf 1450 m den elterlichen Bauernhof, den er im Alter von nur 20 Jahren nach dem plötzlichen Tod seines Vaters übernehmen musste. Seine pointierten und oft humoristischen Beiträge in den Sozialen Medien bescherten ihm nicht nur Follower, sondern generierten Aufmerksamkeit für die schwierige Lage der Bäuerinnen und Bauern, nachhaltige Landwirtschaft und faire Arbeitsbedingungen. Der Film zeigt einerseits, wie weit die Lebenswelten der Protagonisten auseinanderliegen, andererseits wie wichtig Austausch und Kooperation zwischen den beiden Seiten ist.
Emotionale Diskussionsrunde und Kritik an der Agrarindustrie
Die anschließende Diskussion verdeutlichte die Komplexität unserer heutigen Nahrungsmittelproduktion, die dahinterstehenden weltumspannenden Lieferketten und globalen Auswirkungen unseres Handelns. Kritisiert wurde die immer weiter voranschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft, die sich gerade in Krisenzeiten als nicht resilient herausstellt. Niki Rettenbacher, der mit seinem Betrieb einen anderen Weg geht, berichtete von einem Entwicklungsprojekt in Nordindien, das er seit Jahren begleitet. Dort seien aufgrund einer weniger technisierten Produktion die Lebensmittel im Verhältnis zum Einkommen wesentlich teurer als hierzulande, werden aber gerade deswegen wesentlich mehr wertgeschätzt. Zwar war es Bachler und Rettenbacher anzumerken, dass derzeit vieles besorgniserregend falsch läuft, gleichzeitig mangele es aber nicht an Lösungen und positiven Beispielen für eine naturverträglichere und zukunftsfittere Landwirtschaft. „Wir müssen nur ins Tun kommen, Politik, Verbraucher, Landwirte, und endlich die guten Ideen umsetzen, die vorhanden sind“, so Bachler.
In einer offenen Fragerunde konnten die Teilnehmenden ihre Fragen an das Podium richten. Wie schafft man es den Wert, den Landwirte täglich produzieren ansprechend kommunizieren und wieder im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern? Wie haben Smartphone, Apps und digitale Plattformen die Vermarktung der Produkte verändert? Und was würde Christian Bachler einem jungen Menschen raten, der nicht von einem Hof stammt und sich dennoch überlegt, Landwirt zu werden? Trotz der Herausforderungen und Existenzängste, die Bachler in den vergangenen Jahren durchlebte, war seine Antwort klar: Es brauche überzeugte Menschen, die sich mit Herzblut in der Landwirtschaft engagieren und die vielleicht gerade als Quereinsteiger mit neuen Ideen diese Branche von innen heraus verändern.
Wir bedanken uns recht herzlich bei Christian Bachler und Niki Rettenbacher für die Teilnahme, bei Josefine Herz, Dominik Walcher und Günter Berger für die Organisation des Abends und allen Teilnehmenden für das rege Interesse an einem Thema, welches normalerweise nicht auf dem Curriculum zu finden ist. Nicht zuletzt auch herzlichen Dank an den KlubKuchl, für Auf- und Abbau und die Versorgung mit Speisen und Getränken!