Extremer hätte das Wetter Anfang Juni kaum sein können – dennoch war die Nachhaltige Exkursion mit dem Fahrrad von Österreich nach Italien ein voller Erfolg. Begeistert zeigten sich nicht nur die Reisenden aus verschiedenen Jahrgängen von Holztechnologie & Holzbau von der viertägigen Fahrt, sondern auch die besuchten Firmen, die den Durchhaltewillen der Studierenden würdigten und ebenfalls neue Perspektiven auf das Reisen mitnehmen konnten.
Die erste Etappe hatte es nicht nur vom Streckenprofil her in sich, sondern auch das Wetter spielte nicht so mit, wie erhofft. Bei strömenden Regen kletterte das Team der FH Salzburg bis zum höchsten Punkt der Großglocknerhochalpenstraße auf rund 2500 Metern Höhe. Zwar war die Passhöhe entgegen den Erwartungen gut befahrbar, die mehr als fünf Meter hohen Schneewände am Straßenrand zeugten aber vom schlechten Wetter der Vorwochen. „Jeder eiskalte Regentropfen in den Augen fühlte sich an wie ein Nadelstich, aber die Strapazen der ersten Kilometer haben das Team zusammengeschweißt. Glücklicherweise hatten wir oben am Hochtor dann den anstrengendsten Teil der Reise bereits hinter uns“, so Senior Lecturer Günter Berger, der die Reise organisiert hatte. Begeistert von der Idee der Exkursion per Rad, haben sich andere Lehrende und Mitarbeitende der Gruppe angeschlossen und fuhren die ersten Etappen ebenfalls mit.
Auf der anschließenden Route konnten die Studierenden inspirierende Unternehmen der Holzbranche kennenlernen, Produktionen anschauen und sich mit den Verantwortlichen austauschen. Bei Timberra, einem Hersteller von Naturschwimmbädern aus Weisstanne, erlebten die Studierenden, dass Holz und Wasser kein Widerspruch sein müssen und der Werkstoff einzigartige Badeerlebnisse ermöglichen kann. Beim Brettsperrholzhersteller Hasslacher Norica Timber erwartete die durchnässte Truppe ein bestens vorbereiteter Empfang inklusive trockener Jacken. Sehenswert war der Fortschritt der Digitalisierung innerhalb der Produktion und die vollständig vertikal integrierte Wertschöpfungskette.
Dass Digitalisierung auch im Mittelstand gelebte Realität ist, bewiesen die beiden folgenden Holzbaubetriebe auf der Route. Christof Weissenseer erläuterte in seiner Intelligenten Fabrik die Philosophie und Strategie seiner Smart-Skin-Produktion für nachhaltige Gebäudehüllen und zeigte, neben den ablaufenden Prozessen bei Bauprojekten, die direkte Verknüpfung zum Management eines organisch wachsenden internationalen Netzwerkes von Partnerbetrieben auf. Die Inbetriebnahme einer der modernsten Wandfertigungen in Österreich konnten die Reisenden tags darauf bei Holzbau Hubmann erleben, wo ab Sommer 55.000 m² Wandsysteme für ein deutsches Großsanierungsprojekt in Erfurt gefertigt werden. Zudem betreibt das Unternehmen Immobilienentwicklung auf dem Nassfeld, einem Gebirgssattel, dessen 1.000 Höhenmeter vom Team ebenfalls erklommen wurden. Nach der steilen Kletterpartie wurde die schlüsselfertige Apartmentanlage mit 12 Großwohnungen direkt vor der Schlüsselübergabe an die neuen Eigentümer besichtigt, die nicht nur speziellen Kundenbedürfnissen genügen muss, sondern auch erhöhten Anforderungen an die Standsicherheit im zweitstärksten Erdbebengebiet Österreichs.
Das Reisen per Rad traf durchweg auch auf gesteigertes Interesse von Seiten der Unternehmen. „Egal wo wir mit unserer Nachhaltigen Exkursion eintreffen, überall freuen und wundern sich unsere Gastgeber, dass wir überhaupt ankommen und diese Reise durchhalten. Umso herzlicher ist der Empfang, wenn wir durchnässt und schlammig an der Pforte stehen und uns auf das Kennenlernen des Unternehmens freuen“, so Berger. Die Belohnung für die verregneten ersten Reisekilometer und die rund 5.000 Höhenmeter war die Abfahrt bei sommerlichen Temperaturen Richtung Italien – immer wieder unterbrochen, um eine wohlverdiente Espresso-Pause einzulegen. Auf der letzten Station der Reise, beim Stammsitz der Fantoni Gruppe in Osoppo, konnten sich die Studierenden die kaskadische und zirkuläre Nutzung von Holz in der Praxis anschauen. Das Unternehmen produziert Holzwerkstoffplatten aus Rest- und Altholz und fertigt daraus im gleichen Werk Innenausbauprodukte und Designmöbel von Weltruf.
Die ohnehin ambitionierte Reise wurde durch das wechselhafte Wetter zusätzlich erschwert. „Diese körperlichen und mentalen Grenzerfahrungen erlebt man in normalen Lehrveranstaltungen nie. So gesehen waren die herausfordernden Tage Teambuilding 4.0, denn es war wunderbar zu erleben, wie sich die Gruppenmitglieder gegenseitig halfen, bestärkten und motivierten, um die schwersten Berge zu bezwingen. Diesen Teamgeist und das angewandte Leadership kann man so einprägsam selten im Hochschulbetrieb erleben“, so Initiator Berger.
Mittlerweile haben sich alle Teilnehmenden wieder gut erholt, der Muskelkater ist verschwunden, aber die Eindrücke der Unternehmensbesuche und des gemeinsamen Reisens bleiben hängen. Inspiriert von der Exkursion, wollen nun einige Studierende auch in Zukunft das Rad für längere Touren nutzen. Das neue Exkursionsformat soll im kommenden Jahr wiederholt werden, welche Route abgefahren wird, ob Hochalpen oder eher im Flachen, ist noch offen.
„Es lohnt sich ab und an eine andere Perspektive einzunehmen, sich als Gemeinschaft zu fordern und auch die eigenen Verhaltensmuster zu überdenken. Wir haben eine höchst interessante Exkursion mit fachlich und emotional prägenden Eindrücken allein mit ‚Muskelkraft‘ absolvieren können und von diesen Erlebnissen werden wir noch lange zehren. Auch wenn es anstrengend war, es hat sich absolut gelohnt“, so Berger.
Alle Teilnehmenden bedanken sich herzlich bei den Menschen und Unternehmen, die diese außergewöhnliche Tour möglich gemacht haben!
Fachhochschule Salzburg besonders Dominik Engel und Alexander Petutschnigg, Arbeiterkammer Salzburg besonders Hilla Lindhuber und Präsident Peter Eder, Wirtschaftskammer Salzburg besonders Gabriele Tischler und Präsident Manfred Pammer, proHolz & Holzcluster Salzburg besonders Gregor Grill und Matthias Jessner, Holzbaumeister Salzburg besonders Innungsmeister Fritz Egger
Alle Infos rund um die Idee, das Team und die Route finden sich unterdie Nachhaltige Exkursion
Die Eindrücke der nachhaltigen Exkursion finden sich auch auf Instagram unter @dienachhaltigeexkursion