Mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG) 2010 wollte der Gesetzgeber die Sanierung insolventer Unternehmen erleichtern und damit Anreize für eine frühe Insolvenzantragstellung setzen.
Erste Ergebnisse einer Längsschnittstudie und deren Vergleich mit einer Vorgängerstudie wurden im Beitrag “Langfristiges Überleben und nachhaltige Sanierung nach Einführung des IRÄG 2010 – eine empirische Analyse gerichtlicher Sanierungen” von Stefan Mayr, Christine Mitter und Matthias Baschinger in der Zeitschrift für Insolvenzrecht & Kreditschutz (ZIK) publiziert.
Basierend auf einer Vollerhebung aller Unternehmensinsolvenzen des Jahres 2012, in Oberösterreich wurde analysiert, wie viele Unternehmen die Insolvenz unter Berücksichtigung von Auffanggesellschaften kurzfristig überlebten (19,0%) und wie viele dieser Insolvenzfälle 2019 aktiv sind und damit langfristig überlebten (13,1%). Als nachhaltig saniert wurden jene Unternehmen eingestuft, die mit Dezember 2019 über ein KSV-Rating besser oder gleich dem Branchendurchschnitt verfügten, in der Zwischenzeit keine Folgeinsolvenz durchlaufen hatten bzw im Falle einer Kapitalgesellschaft kein negatives Eigenkapital aufwiesen. Dies gelang nur 2,4% der 2012 insolvent gewordenen Unternehmen. Im Vergleich mit der Vorgängerstudie, in der die oberösterreichischen Insolvenzfälle aus 2004 untersucht wurden, überlebten deutlich weniger Unternehmen kurzfristig (damals 25,7% inkl. Auffanggesellschaften) und langfristig (16,5%). Der Anteil der nachhaltig sanierten Unternehmen fiel besonders gravierend von rund 6% auf rund 2%.
Die Chance auf eine nachhaltige Sanierung ist demnach nach wie vor gering, die Möglichkeit des langfristigen Überlebens jedoch weiterhin gegeben. Der Vergleich der beiden Studien zeigt auch, dass es nun etwas mehr kurzfristig überlebenden Unternehmen gelingt, auch langfristig zu überleben (69,0% vs 64,4% im Jahr 2004). Während nur wenige Unternehmen, die ein Konkursverfahren durchliefen, kurzfristig (8%) und langfristig (6,5%) weiterbestehen, sind die Überlebensraten in den durch das IRÄG 2010 eingeführten Sanierungsverfahren deutlich höher (kurzfristig mit Eigenverwaltung 66,7%, ohne Eigenverwaltung 72,5%; langfristig mit Eigenverwaltung 66,7%, ohne Eigenverwaltung 37,3%). Die nachhaltige Sanierung gelingt aus diesen Verfahren ebenfalls signifikant häufiger (11,1% und 9,8% für Sanierungsverfahren mit und ohne Eigenverwaltung vs. 0,8% der Konkursverfahren).
Die Ergebnisse weisen zudem auf ein intaktes Umfeld für einen unternehmerischen Restart nach Insolvenz und Unternehmensschließung hin. Im Sample enthalten waren neun Unternehmen (v.a. Einzelunternehmen), die ihr Unternehmen nach kurzfristiger Schließung wieder öffneten. Dies entspricht den Bemühungen der Europäischen Kommission, welche in der Richtlinie zur Restrukturierung und Entschuldung mittels „Second Chance Policy“ die Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit für redliche Unternehmer nach einer Insolvenz erleichtern möchte.
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